Weihnachten im kleinen Inselhotel

Jenny Colgan

Weihnachten im kleinen Inselhotel

Piper

Isle of Mure – die winzige Insel zwischen Shetland und den Färöern. Blickt man beim Vorüberfahren vom grossen Containerschiff auf die Insel, sieht man nur kurz die bunten Häuser, die eng aneinander gedrängt stehen, als wären sie auf der kahlen Insel auf der Suche nach Wärme.

Auf dem MacKenzie-Hof flackert schon früh morgens das Kaminfeuer und Flora ist mitten in einer hitzigen Diskussion mit ihrem jüngeren Bruder Fintan. Fintans Mann, Colton, starb vor einem Jahr an Krebs und hinterliess ihm das Hotel The Rock. Coltons Wunsch war es, dass Fintan das Hotel umbaut und führt. Doch Fintan zweifelt, ob er der Aufgabe gewachsen ist. An Weihnachten soll das The Rock nach einer langen Umbauphase endlich für die Gäste bereit sein. Stabil, warm, trocken, wunderschön. Offene Kamine, Musketen an den Wänden, riesige Hirschköpfe und eine grosse Bibliothek mit alten gebundenen Büchern, und es soll nach Tannzweigen duften, die die Weihnachtszeit ankündigen. Klein und fein.

Flora, die selbst ein hübsches, rosa gestrichenes Café am Hafen führt, will ihren Bruder unterstützen. Eigentlich ist sie in Elternzeit, doch ihr Mann Joel kümmert sich rührend um Baby Douglas, und das Café kann Iona, ihre Angestellte, führen. Das The Rock braucht ein gutes Küchenteam. Deshalb reist Fintan nach Glasgow und sucht einen Koch. Einer, der die Leidenschaft fürs Essen mit Fintan teilt und das grosse Potenzial der kleinen Insel im hohen Norden erkennt. Die Auswahl ist bescheiden und Fintan lässt Gaspard, einen französischen, unrasierten Typen im schmuddeligen T-Shirt kochen. Zu seiner Überraschung zaubert dieser eine köstliche, leichte Mahlzeit. Fintan stellt ihn ein und Gaspard reist eine Woche später mit der Fähre nach Mure. Auf der Überfahrt lernt er Konstantin (& Bjark, den Hund) kennen, der von seinem Vater aus Norwegen verbannt wurde, weil er faul und verwöhnt ist. Als die Fähre am Hafen festmacht, sind die Beiden a) dicke und b) sturzbetrunkene Freunde.

Am nächsten Tag beginnt die Arbeit in der Küche, ein Testessen soll zubereitet werden. Gaspard, als strenger Chef, Konstantin, der hoffnungslose Norweger, der sich in seinem Leben noch nie so leid getan hat, die Küchenhilfe Kerry, die wie ein Roboter wortlos arbeitet und die schüchterne Isla: Ein unglaubliches Durcheinander in der Küche... doch Gaspard schafft es, aus Steak und Pommes ein unfassbares Festmahl zu zaubern, welches von den Testessern mit einem Applaus gewürdigt wird. Auch das Wohltätigkeitsessen, das bald darauf stattfindet, ist perfekt – bis Bjark ins Spiel kommt. Doch am Ende bliebt gewissermassen das Gefühl eines gemeinsam erlebten Abenteuers zurück.

Iona, die für Social Media zuständig ist, postet sogleich ein Video des Abends, eigentlich als gut gemeinte Werbung, doch damit handelt sich das The Rock den Ruf des schlimmsten Hotels auf Erden ein.

Als Candice Blunt von der Daily Post auf die Insel kommt, um das Hotel zu begutachten, ist nicht nur der gigantische, leuchtende Engel aus Norwegen, den Joel aus Coltans Nachlass gekauft hat, eine Sensation, sondern auch die Herkunft von Konstantin, der ja ein armer Küchenjunge zu sein scheint. Doch es wendet sich alles zum Guten und an Weihnachten öffnet das The Rock seine Türen. Endlich, nach drei Jahren, erwacht es aus dem Dornröschenschlaf. Es ist voller Leben erfüllt, die Menschen kommen von weit her und Coltons Traum wird wahr.

Der Ausflug zur Weihnachtszeit auf die kleine, charmante Insel Mure ist herzerwärmend. Die Charaktere sind grossartig beschrieben, wirken sehr lebendig und die gehörige Portion Chaos sorgt bei mir für Schmunzeln. Auch die Liebesgeschichte mit einer Prise Pretty Woman Feeling – fehlt im Roman nicht.

Unwissend bin ich mitten in eine Buchreihe gestolpert, habe mich aber schnell zurechtgefunden. Das Personenverzeichnis zu Beginn des Buches hilft sehr. Ich bin neugierig auf die anderen Bücher aus dieser Reihe mit mehr Geschichten von der Insel Mure, die übrigens rein fiktiv ist und eine Erfindung der Autorin.

Die Autorin Jenny Colgan ist 1972 in Prestwick geboren. Sie studierte in Edinburgh und arbeite im Gesundheitswesen, ehe sie sich ganz dem Schreiben von charmanten Liebesgeschichten widmete. Mit ihrer Familie lebt sie abwechslungsweise in London und Frankreich. Sie schreibt unter ihrem Namen, aber auch unter den Pseudonymen Jane Beaton und J.T. Colgan.

Regula Corciulo-Meister
Schul- und Gemeindebibliothek Wasen